EINFÜHRUNG
Mallorca ist immer für eine Überraschung gut:
Das unterirdische Mallorca beherbergt eine unvergleichliche geologische Vielfalt. Im Verlauf von Jahrtausenden ist hier Tropfen für Tropfen eine Fantasiewelt entstanden.
Das die Insel die meisten Höhlensysteme pro Quadratkilometer in Europa beherbergt, wissen die wenigsten.Das weiche Kalkgestein ist sehr erosionsanfällig und hat über die Jahrtausende dem Wasser wenig entgegenzusetzen gehabt. Auf Mallorca gibt es ca. 4000 Höhlen und Grotten, davon mehr als 200 sehr grosse Tropfsteinhöhlen und viele Erdspalten. Die Höhlen sind riesig, verfügen über unterirdische Salzseen, gewaltige Höhenunterschiede, Hallen so hoch wie Kathedralen, sowie wunderschöne Tropfsteinformationen.
Einige dieser Höhlen zählen zu den schönsten der Welt.
Die Insel besteht zum großen Teil aus Kalkgestein, das früher einmal eine Höhe bis zu 2000 m über den Meeresspiegel erreicht hatte. Heute erhebt sich der höchste Gipfel, der Puig Major, noch 1445 m hoch in den Himmel. Er liegt mitten im bedeutensten Karstgebiet der Insel, der Serra de Tramuntana, die 90 km sind und bis zu 15 km breit. Dort finden sich alle ober- und unterirdischen Erscheinungsformen einer reifen Karstlandschaft. Mit völligem Recht sehr bekannt sind die phantastischen Karrenfelder, z.B. in der Nähe von Lluc, die ihresgleichen suchen.
Escorca heißt diese Region und sie hat die meisten Höhlen Mallorcas. Sie weist eine große Besonderheit auf: fast alle Höhlen sind Schächte, oft große, die in einem Stück gleich 100 Meter in die Tiefe reichen, es gibt fast keine horizontale Entwicklung. Dies hängt mit der Geologie zusammen. Sobald das Regenwasser auf den Jurakalk trifft, haut es in die Tiefe ab. Es fehlt die Bedeckung mit Schichten, die nicht sofort das Wasser durchlassen und damit die Flüssigkeit bündeln und auf einen bestimmten Punkt konzentrieren würde. Unten diffundiert das Wasser dann hinaus ins Meer. Es gibt kaum richtige Karstquellen. Für die Höhlenentwicklung in den Bergen ist oft entscheidend, in welcher Kalkzone man gerade ist. Die Juraschichten sind sehr gut geeignet dafür, die gleich daneben liegenden kreidezeitlichen Kalke viel weniger. So kann man durch wunderbare Kalkberglandschaften laufen und sich wundern, warum es gerade hier nirgends was Höhliges zum Sehen gibt. Und ein paar Meter weiter ist "Loch an Loch".
Zudem gibt es noch zwei weitere große Höhlengebiete auf der Insel: die "Serres de Llevant" im Osten und "Migjorn" im südlichen Teil der Insel. Die Anzahl der dortigen Höhlen wird mit über 1000 angegeben.
Am bekanntesten sind die "Coves del Drac" bei Portocristo, die inzwischen eine jährliche Besucherzahl von etwa einer Million Menschen aufweist. Dann gibt es noch die "Coves d'Arta", die "Coves des Hams", die "Coves de Génova" und die "Coves de Campanet".
Ein Blick auf eine gute Wanderkarte zeigt aber dann noch mehr unterirdische Objekte: Font de S'Avenc, Ca L'Hereu, Cova de San Martí, Coves del Pirata, Cova des Drac de Santanyí, Coves de N'Hereua usw..... Und viele dieser Höhlen haben einen starken anthrospeläologischen Bezug. Aus zwei Höhlen stammen die frühesten Belege für die Anwesenheit des Menschen auf der Insel, später dann in der vortalaiotischen und talaiotischen Periode baute man künstliche Höhlen in die Berge und Hügel oder setzte megalithische Mauern vor die Höhlen. Hauptnutzungsaspekte waren das Wohnen in Höhlen und das Beerdigen der Verstorbenen. Zwischen 1229 und 1332 wurden die Höhlen dann wieder sehr interessant. Die Mauren mußten sich in den Bergen und Höhlen vor den sie verjagen wollenden Christen verstecken. Viele Relikte davon hat man in den Höhlen gefunden. Der Inselweise Ramon Llull habe in einer Höhle "die höchste Bewußtseinsstufe erlangt". In welcher? War es der Berg Randa, der von Höhlen durchlöchert sei und laut einer mallorquinischen Sage vollkommen hohl innen sei. Der Berg werde von 4 güldenen Säulen getragen, wovon drei bereits morsch seien. Wenn auch die vierte breche, dann werde Mallorca vom Meer überflütet. Es würde auch Höhlen geben, die "ganze Dörfer beherbergten, wie Son Curt bei Álaro".
Der früheste schriftliche Bericht über eine mallorquinische Höhle stammt aus dem Jahre 1268. Er bezieht sich auf die Cova de Son Santmarti. Die frühesten Forschungsberichte stammen von Joaquim Maria Bover (Cova de Son Lluis) aus dem Jahre 1839 und Antoni Cabrer, der 1840 geschrieben wurde und sich mit den schon länger bekannten Coves d'Artà auseinandersetzt.
Die Höhlen von Porto Cristo, Artà, Gènova und Campanet wurden zwar ausgebaut und dem Tourismus als kommerzielle Schauhöhlen zugängig gemacht, aber echte Outdoor Sportler und Abenteuerinteressierte bewegen sich abseits der Touristenströme - belohnt wird man mit unvergesslichen Augenblicken in einer anderen Welt.